HR zwischen Krisenmodus und Zukunftsagenda – Im Gespräch mit Marcus Reif
04. Dezember 2025
HRnetworx

Ein Interview von Tjalf Nienaber mit Marcus Reif
Die letzten Jahre haben HR-Abteilungen stärker gefordert als jede Dekade zuvor. Fachkräftemangel, Digitalisierung, Krisen, Kostendruck – und nun ein Markt, der vielerorts wieder Arbeitgeber:innen in die Komfortzone katapultiert.
Im Interview spricht Marcus Reif – HR-Experte, Blogger, Autor und seit zwei Jahrzehnten einer der klarsten Stimmen im Personalmanagement – über den Stellenwert von HR, operative Überlastung, kulturelle Risiken und die strategischen Aufgaben, die jetzt über die Zukunft der Personalarbeit entscheiden.
„Wir verlieren gerade, wofür wir 25 Jahre gearbeitet haben.“
Warum bleibt jemand wie Marcus Reif nach 20 Jahren immer noch Personaler? Seine Antwort ist deutlicher denn je:
„In der Krise sehe ich, wie wichtig gute Personalarbeit ist. Wir haben Jahrzehnte an Themen wie Employer Branding, Kultur und Talentarbeit gearbeitet – und ich habe das Gefühl, dass vieles gerade wieder über Bord geworfen wird.“
Sein Antrieb heute: Die Errungenschaften von moderner HR-Arbeit verteidigen. Denn HR prägt Kultur, Werte und Führungsqualität – mehr denn je.
Die eigentliche Krise: der Stellenwert von HR
Auf die Frage, wo die größte Herausforderung liegt, wird Marcus grundsätzlich:
- HR hat keine starke Stimme.
- In unsicheren Zeiten fällt HR auf alte Muster zurück: Kosten senken, Recruiting pausieren, Budgets einfrieren.
- Bereiche, die zuvor Priorität hatten – Talent Acquisition, Employer Branding, Leadership – werden wieder als „verzichtbar“ gesehen.
Viele Geschäftsführer:innen sagen offen: „Recruiting brauchen wir gerade nicht.“
Damit, so Marcus, kippt das Pendel komplett zurück zur Arbeitgeberseite.
Überlastung im Alltag: HR als „Feuerpatsche“
Ein zentraler Indikator ist die Betreuungsquote.
Vor einigen Jahren lag sie bei 1 HR-Profi pro 150–250 Mitarbeitende.
Heute: 1 zu 400–500 – und die Tendenz steigt.
„Da bleibt keine Zeit für echte Personalarbeit. Man rennt mit der Feuerpatsche durch die Organisation und löscht Flächenbrände.“
Die Folge: Strategische HR-Themen bleiben liegen. Nachfolgeplanung findet zufällig statt. Führungskräfteentwicklung verkümmert. Strukturen veralten.
Warum reflexartige Sparprogramme schlechte Führung sichtbar machen
Travel Bans im Q3, Einstellungsstopps im Herbst, gekürzte Weiterbildungsbudgets – das klassische Krisenverhalten vieler Unternehmen.
Marcus nennt es klar: schlechtes Management.
„Ein Travel Ban im Q3 zeigt nur, dass vorher schlechte Entscheidungen getroffen wurden. HR muss eigentlich verhindern, dass man in solche Situationen reinrutscht.“
Gute HR könne genau an dieser Stelle Orientierung schaffen – für Mitarbeitende wie für Führungskräfte.
HR braucht wieder Zeit für Zukunftsarbeit
Während operative Arbeit dominiert – Payroll, Verträge, Administration – kommen Kernaufgaben zu kurz:
- Succession Planning
- Kompetenzmodelle
- Potenzialanalysen
- Führungskräfteberatung
- Kulturentwicklung
Das Ergebnis: Unternehmen verlieren Orientierung, Mitarbeitende verlieren Sicherheit.
Was HR jetzt tun muss: Krise ausblenden, Zukunft aufbauen
Marcus formuliert eine klare Zukunftsagenda für HR – unabhängig vom Krisenmodus:
- Strukturen prüfen und modernisieren
- Prozesse digitalisieren und automatisieren
- Lean-Management etablieren
- OPEX/CAPEX balancieren
- Betreuungsquoten neu definieren
- Führungskräfte professionalisieren
- Psychologische Sicherheit fördern
- Technologie und KI konsequent nutzen
Und vor allem: HR muss beraten – nicht nur verwalten.
Kultur: Der wahre Stresstest
Krisenzeiten zeigen, wie stabil die Kultur eines Unternehmens wirklich ist.
„Wenn ein Unternehmen Werte, Regeln und Grenzen definiert hat, bleibt es stabil. Wenn nicht, wird alles beliebig.“
Kultur wird zum Orientierungspunkt – oder eben zum Risiko.
Die wichtigste Priorität: HR zurück an den Entscheidungstisch
Zum Abschluss fragt Tjalf: „Wenn du nur eine Priorität setzen dürftest?“
Die Antwort kommt ohne Zögern:
„HR muss wieder relevant werden. Keine Business-Entscheidung ohne HR am Tisch.“
Fazit
Vielleicht liegt die eigentliche Krise nicht im Markt, sondern darin, dass HR zu wenig Haltung zeigt und sich zu oft in operative Muster drängen lässt.
Wer die Personalarbeit der Zukunft gestalten will, braucht Mut, Fokus – und eine klare Stimme.
Genau dafür plädiert Marcus Reif.
➡️ Jetzt ansehen – und erfahren, warum die Zukunft der HR genau jetzt entschieden wird.

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